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Der rote Faden

 

„Der rote Faden fehlt. Strukturierte Arbeiten sehen anders aus.“

 

Dieses Feedback begleitet mich seit Jahrzehnten. Meine hoch verehrte Lehrerin im Deutsch Leistungskurs sagte dies und äußerte die Vermutung, dass ich erst meinen Aufsatz und danach die Gliederung schreibe. (Womit sie zugegebenermaßen Recht hatte. 😏) Trotzdem lieferte ich ein recht gutes Deutsch Abitur ab und fing mein Germanistik Studium an.

 

Das Feedback meines Professors zu meiner Magisterarbeit lautete: „Diese Arbeit ist bar jedes wissenschaftlichen Ansatzes, aber von hohem essayistischen Talent.“ Er wunderte sich etwas, dass ich dies als großes Kompliment ansah.

 

Und auch heute steht in vielen Beurteilungsbögen nach meinen Seminaren so etwas wie „Die Struktur fehlte ein wenig.“ oder „Frau Stackelberg sprang etwas zwischen den Themen hin und her.“ Damit bin ich seit langem im Frieden, weil in eben jenen Beurteilungen auch Dinge stehen wie:

  •  „Endlich mal eine Trainerin, die nicht nach Schema F arbeitet, sondern individuell auf jeden Einzelnen eingeht."
  • „Frau Stackelberg hat die zwei Tage enorm flexibel passend zu unseren Bedürfnissen und Schwerpunkten gestaltet. Das war kein Seminar von der Stange, sondern individuelles Coaching."
  • „In der Rückschau auf die zwei Tage wird mir klar, dass ich enorm viele Impulse und alltagstaugliche praktische Tipps mitbekommen habe. Außerdem unterstützte uns Frau Stackelberg sehr gut in tiefer Selbstreflexion.“

 

Letzte Woche hatte ich die zweitägige Abschlussveranstaltung zu einer einjährigen Führungskräfteentwicklung in Paderborn. Und wie sollte es auch anders sein: auch hier kam mit einem Augenzwinkern und Schmunzeln das Feedback mit dem fehlenden roten Faden vor. In dieser Gruppe von zehn Männern und Frauen ist dies seit dem ersten Seminar so etwas wie der Running Gag.

Diesmal jedoch wurde mir etwas Wichtiges zum ersten Mal so richtig klar und das bewegte mich sehr.

 

Ich begriff folgendes: Stimmt, meine Seminare sind nicht nach Lehrbuch aufgebaut. In meinen Seminaren gibt es keine festen Inhalte in festen Zeiten. Es gibt nur wenig logisch aufeinander aufbauende Struktur. Und es gibt keinen dicken Ordner mit viel Theorie. Ich bringe eher einen riesigen Koffer an Themen, Impulsen und Angebote mit und bestimme situationsorientiert, wann welches Thema wie viel Zeit bekommt.

 

Und doch – und das ist die neue Erkenntnis – gibt es eine andere Art des roten Fadens und dieser ist immer da und glasklar: Sie können mich nämlich nachts um drei wecken und fragen, was ich den Teilnehmenden mitgeben möchte und das kann ich Ihnen sehr genau aus dem Stehgreif beantworten.

 

Ich lade die Teilnehmenden dazu ein, sich in aller Ruhe, mit genügend Zeit intensiv mit dem jeweiligen Thema auseinanderzusetzen.

 

Ich ermögliche ihnen ein tiefes Eintauchen in die nötige Selbstreflexion.

 

Ich gebe Ihnen genügend Raum und Zeit, ausführlich in kleinen Gruppen über die Themen zu reden und somit einander zu bereichern.

 

Ich halte sie hartnäckig und manchmal ziemlich lästig dazu an, ehrlich in den Spiegel zu schauen und sich authentisch und ohne Spielchen im Seminar einzubringen.

 

Ich ermutige sie, sich ihrer Stärken und Ressourcen bewusster zu werden – den Fokus mehr aufs Stärken stärken zulegen als auf die Schwächen.

 

Ich lade sie dazu ein, sich intensiv mit werteorientierter Arbeit und menschlichem Miteinander auseinanderzusetzen.

 

Mir ist Empowerment enorm wichtig. Ich  habe den Ehrgeiz, dass jeder und jede Einzelne sich entwickelt, größer, stärker und reifer wird.

 

Ich möchte, dass sie nach dem Seminar in den entscheidenden Momenten und Situationen an meine Impulse denken und dadurch bewusster, besser und für alle Seiten zielführender arbeiten können.

 

Ich möchte sie berühren, bewegen, zum Nachdenken bringen, verwirren, durcheinander wirbeln. Ich möchte, dass sie sich ihrer selbst bewusster werden, sich hinterfragen, motivierter und werteorientierter agieren und somit ein kleines Stück an einer besseren und menschlicheren Welt mitarbeiten. (Sagte ich schon, dass mir Pathos nicht fremd ist? 😉)

 

 

 

Diesen roten Faden ziehe ich konsequent durch, dieser rote Faden findet sich in jedem meiner Seminare, Vorträge, Bücher und Coachings.

 

 

Und das ist genug, finde ich.