Ungeschminkte Eigen-PR!

Eine der Teilnehmer:innen im Seminar zum Thema "Gelungene Eigen-PR und Sichtbarkeit im Unternehmen" bei UNITED INTERNET war ein typischer Nerd, das sah man nicht nur, das sagte sie in der Vorstellungsrunde auch sehr vehement: "Ich hab mit 12 Jahren zu programmieren begonnen, meine Lieblingswelten bestehen aus 1 und 0."

 

Drumherum auf dem Zoombildschirm war ein liebevoll chaotisches Büro zu sehen, eine ungeschminkte Frau mit altmodischer Brille und wilden Haaren. Im Laufe des Seminars war sie die Einzige, die über weite Strecken die Kamera ausmachte. Also unsichtbar. Wie als kleine Rebellion gegen den Seminartitel - ich find sichtbar sein doof, ich mag das nicht.

 

Nach dem Workshop, zur Feedbackrunde, schaltete sie die Kamera an. Etwas Spannendes war geschehen: Eine strahlende, fröhlich guckende Frau erschien mit exakt diesem Satz:

Ich muss ja gar keine Techniken beherrschen, Sprüche auswendig lernen, mich verbiegen und ein Kostümchen tragen. Wenn Eigen-PR und Sichtbarkeit SO ist, dann bin ich ja begeistert, dann kann ich so bleiben, wie ich bin."

 

Ja!

Dieser Satz war nicht nur mal Bestandteil einer Margarine Werbung - ja, Du darfst und sollst sogar bitte bitte so bleiben, wie Du bist. Keine Maske, nix auswendig Gelerntes, kein Verstellen, keine Protzerei, keine aufgehübschte Power-Ausrufezeichen-Tschakkaa Sprache. Als ob gute Eigen-PR reine Angeberei ist, unangenehmes im-Mittelpunkt-stehen-wollen, Superlativ Textbausteine, "Ich bin der Tollste und die Beste" Beteuerungen und ganz viel "kauf mich" Appelle.

Alles Quatsch! Weil das natürlich auch Eigen-PR ist - aber eben eine miserable.

Gelungene Eigen-PR hat nichts mit Techniken zu tun, sondern mit einer inneren Haltung. Es geht nicht darum, auf Teufel komm raus jedem, der nicht bei drei auf dem Baum ist, mein Produkt bzw. meine Dienstleistung anzudre........äääh, zu verkaufen.

Worum geht es dann: Nun, es geht erstmal darum:

 

Bin ich wirklich hundertprozentig von mir und meinem Angebot überzeugt? MAG ich mein Angebot? Finde ich, dass dieses Angebot wirklich einen Mehrwert bieten kann, ein Problem lösen oder Freude machen kann? Traue ich mir zu, selbstbewusst zu sagen: Ich bin gut. Das Angebot ist gut! Bin ich begeistert und überzeugt, brenne ich für meine Sache?

 

Ja, dann! Sollten viele Menschen davon erfahren, oder? Wär doch schade, wenn grad diese Menschen ein Problem haben, das ICH lösen könnte. Wenn ihnen genau das fehlt, was ICH geben kann. Ich tu ihnen also einen Gefallen, bin hilfsbereit, unterstütze sie.

Und das muss ich nicht mit Verkaufstricks, Textbausteinen und ausgefeilten Social-Media-Projekten tun.

 

Es geht vielmehr darum:

  • Höre Deinen Kunden zu.
  • Schlüpf in ihre Schuhe, versuche zu verstehen, wo es brennt, wo der Schmerz sitzt.
  • Höre zu! Das ist das A und O. Und stelle viele neugierige Fragen. Damit Du WIRKLICH verstehst. Damit Du irgendwann sagen kannst: JETZT hab ichs verstanden. Ich hab da was für Sie ...

Und warum jetzt "ungeschminkte" Eigen-PR??

  • Weil zu guter Eigen-PR zum Beispiel auch gehört, mal zu sagen: "Nein, daür habe ich keine Lösung. Leider. Vielleicht kann aus meinem Netzwerk jemand helfen, ich frag mal rum."
  • Ehrlich zu sagen: "Das weiß ich nicht."
  • Dazu gehört Ehrlichkeit, mich als Mensch zeigen. Mich ehrlich entschuldigen, wenn ich einen Fehler gemacht habe, erklären, warum ich eine Woche länger brauche oder einen Termin verschieben möchte.
  • Ehrlich eigene Meinung zeigen - in diesem Fall ja meine Fachexpertise - und nicht nur dem Kunden nach dem Mund reden. "Nein, Herr Meier, das halte ich für keine gute Idee."
  • Meine Begeisterung zeigen, aber auch meine Enttäuschung, meine Ungeduld, meine Nervosität - im richtigen Maße natürlich. All das ist besser als das Schauspiel einer perfekten, glattgebügelten, hochglanzpolierten Expertin, die auf jede Frage eine Antwort, zu jedem Problem eine Lösung hat.

Meine Dienstleistung, Training und Coaching und Bücherschreiben, bieten gefühlte Millionen anderer auch an. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal. Aber als Mensch bin ich im wahrsten Sinne des Wortes einzigartig. Niemand anderer kann die Arbeit SO erledigen, wie ich es tue. Und wenn es mir gelingt, von diesem Menschen, von dieser Frau mein Gegenüber zu überzeugen - dann klappts mit dem Geschäft und beide Seiten fühlen sich gut dabei.

Überzeugen - nicht überreden. Und dazu muss ich mich "nur" so zeigen, wie ich bin. Wenn das den Kunden/die Kundin nicht überzeugt - dann ist es auch gut so, dass es nix wird mit dem Auftrag. Weil ich mich verbiegen müsste. Weil ich am besten bin, wenn ich ICH sein darf (alles andere ist mir viel zu anstrengend und lenkt ab und frisst Energie!).

 

Du darfst so bleiben wie du bist.