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Coaching - unwichtig in Krisenzeiten!?

Wir wissen alle: Coronazeiten = Krisenzeiten. Unternehmen schicken Mitarbeiter:innen in Kurzarbeit, Budgets werden eingefroren, Ausgaben reduziert, Projekte verschoben.

 

Frage: Ist in Coronazeiten Personal- und Führungskräfteentwicklung wichtiger denn je - oder unwichtig geworden? Was meint Ihr, was sagt der gesunde Menschenverstand?

 

Nun, wir hören und lesen allenthalben von überlasteten Müttern und Vätern, vom Lagerkoller im Homeoffice, von ungesund lang ausufernden Computertagen mit -zig Zoom- oder Teams-Meetings. Ärzte erzählen uns, dass psychische Krankheiten oder zumindest Anfälligkeiten deutlich zunehmen. Durch Homeoffice reißt häufig der Draht zw. Vorgesetzten und Mitarbeiter:innen. Es werden höchstens Infos ausgetauscht, selten gibts die wichtigen guten alten Kaffeeküchen Gespräche mit dem ernsthaften Interesse an "Wie gehts Dir eigentlich?".

 

Die Antwort auf die Frage, ob gerade jetzt Coaching und Co besonders wichtig sind, ist klar, oder?

 

Ich möcht Euch von 4 Kunden von mir erzählen.

 

Kunde 1: Das Unternehmen hat im April letzten Jahres alle Coachings und Weiterbildungen bis Ende des Jahres gestrichen. Nicht verschoben, nicht auf digitale Formate umgewandelt - nein: Gestrichen.

Ich schrieb eine lange Mail; dass ich dies ungewöhnlich finde, ob nicht über Digitalformate nachgedacht werden würde und dass ich in diesen Maßnahmen eine nicht sonderlich wertschätzende Haltung den Mitarbeiter:innen gegenüber sehen würde.

Fazit: Ich bekam eine freundliche Mail mit diesem Inhalt: Man würde meinen Anmerkungen entnehmen, dass ich keinen Wert auf eine weitere Zusammenarbeit legen würde. Man danke mir herzlich für viele Jahre Zusammenarbeit und wünsche mir alles Gute. Telefonisch waren die Verantwortlichen dann nicht mehr zu erreichen für mich.

 

Kunde 2: Im letzten März brachen durch Corona abrupt drei intensive Coachingprozesse ab. Alles junge Frauen, die ihre erste Führungaufgabe übernommen hatten, alle in enorm anspruchsvollen Projekten, sehr unter Druck, am eigenen Perfektionismus leidend, eine der Frauen kurz vor dem Burn-out  (ihr Chef hat sehr für das Coaching gekämpft.)

Keine Aussage darüber, ob und wie es weitergeht. Im Laufe des Jahres wurde ich immer wieder vertröstet, auch auf meine Frage nach der einfach zu bewerkstelligenden Form des Online-Coachings kam nix. Inzwischen haben die verantwortlichen PElerinnen gewechselt, letzte Woche Telefonat mit der neuen Zuständigen: Nein, es würde weiterhin gespart werden, man könne nicht einerseits in Kurzarbeit schicken und andererseits Coaching zahlen. Vielleicht im 3.Quartal, aber da dann nur für einen sehr kleinen, privilegierten Kreis eines speziellen Talent Programms.

 

Kunde 3: 2 Tage Präsenzseminar im Mai letzten Jahres - Thema Selbstfürsorge. Kunde rief bereits Ende März an, als der erste Lockdown kam. Sagte, er und die Geschäftsleitung stünden in engem Austausch, um Lösungen zu finden. Er meldete sich wöchentlich - sie wollen das Seminar keinesfalls absagen und möglichst auch nicht digital abhalten.

Der gesamte firmeninterne Bereich mit Seminarräumen wurde umgeplant. Dann kam noch ein Wasserschaden dazu.

Schließlich kam die Nachricht: Seminar findet statt, Seminarräume seien zwar belegt oder zu klein - ob ich etwas dagegen hätte, im Andachtsraum auf dem Gelände das Seminar abzuhalten, da könne man Abstände wahren. Ich sagte begeistert zu und zeigte mich sehr beeindruckt darüber, wieviel Herzblut und Kreativität sie gezeigt hätten, um das Seminar stattfinden zu lassen. O-Ton PEler: "Unsere Mitarbeiter:innen haben dermaßen viel Extraarbeit und Stress durch Corona, da können wir ihnen nicht auch noch die Weiterbildung streichen - zumal Ihr Thema "Selbstfürsorge" wichtiger denn je ist."

 

Kunde 4: Das 2-tägige Abschluss Seminar einer Führungskräfte Entwicklung steht im Mai an. 10 neue Führungskräfte waren in sehr intensivem Prozess - angefangen noch mit Präsenzseminaren, dann auf Digitalformat gewechselt, zwischendurch viele Einzelcoachings. Letzte Woche Anruf vom Verantwortlichen: Sie hätten alle Varianten durchgesprochen - Absage des Seminars (was das vorzeitige Ende der Maßnahme bedeuten würde), 2 Tage digital, 1 Tag digital oder Verschiebung in den Herbst in Präsenzform. Absagen käme nicht infrage, dazu sei das ihnen zu wichtig. Digital kommt bei den Teilnehmenden nicht wirklich gut an - 2 Tage halten sie nicht durch, 1 Tag ist aber nicht angemessen für einen guten Abschluss. Also verschieben wir in den Herbst - 2 Tage in Präsenzform seien die einzig angemessene Form des Abschlusses.

 

Tja. Welche Kunden gehen wohl wertschätzender mit ihren Mitarbeiter:innen um? Welche Kunden haben begriffen, dass ihre wertvollste Ressource die Menschen sind? Mit welchen Kunden werde ich wohl in Zukunft noch zusammenarbeiten und das mit großer Freude und Dankbarkeit?

 

Entscheidet selbst!

 

P.S. Sicher nicht repräsentativ ...

aber vielleicht auch kein Zufall, dass Kunde 1 und 2 jeweils große Wirtschaftsunternehmen sind (amerikanisch und deutsch), Kunde 3 ein großes Klinikum und Kunde 4 die Kirche.

😉😏